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Monologisch linkes Kammerspiel

Veröffentlicht am | von Frank Schildener
Diether Dehm präsentierte in der Vita-Villa seine erlittenen und selbst verursachten Skandale und Rufmorde. Foto: Frank Schildener

Diese Lesung in der Vita-Villa ist anders. Diether Dehm, Bundestagsabgeordneter der Linken, besucht mit seinem Buch „Meine schönsten Skandale. Von Ruf- und anderen Morden“ die Lessingstadt.

Nato-Strichmännchen, Prostituierten-Mörder, Ostspion, Krebsgeschwür Deutsche Bank – mit Dehm verbinden sich eine Reihe Skandälchen, Skandale und Verschwörungstheorien. Ein Dutzend hat der Autor in seinem Band zusammengefasst, von denen er scharfzüngig und wortgewaltig berichtet. Warum ist diese Lesung anders? Weil sie weniger eine Lesung als ein eineinhalbstündiger, freier Monolog Dehms ist. Weil da jemand sitzt, der in seinem Erzählen – trotz teils vorgetragener Verschwörungstheorien, trotz des monologischen linken Kammerspiels – authentisch und damit anders als viele andere als Mensch und als Linker glaubwürdig bleibt.

Eine Krux der Linken sei, dass sie sich nicht kurz fassen könne, sagt er zwischendurch, als er aus dem Publikum um ein kurzes Statement gebeten wird. Nun, wir alle seien umgeben von Lügen und Verschwörungen. Angefangen bei der Nazi-Lüge um den Sender Gleiwitz, mit dem 1939 der zweite Weltkrieg begann, bis zu den Giftgaslügen der CIA, um in den Krieg gegen den Irak eintreten zu können. Wer nicht spure, werde fertig gemacht, erzählt er pointiert und mit wohl gesetzten Worten. Einige Skandale habe man ihm angehängt. Das Instrumentarium beispielsweise von Geheimdiensten, um Menschen zu diskreditieren, sei sehr umfangreich und im Zeitalter von Social-Media umso einfacher geworden, als zu Zeiten von Schreibmaschine und analogem Telefon.

Das Buch, das jüngst in der Eulenspiegel Verlagsgruppe erschien und auf der Frankfurter Buchmesse erstmals vorgestellt wurde, beschreibt die Skandale um seine Person. Die selbst verursachten ebenso wie die möglicherweise fremdverschwörten. Dehm berichtet lebendig, prosaisch und kraftvoll. Man entdeckt dabei durchaus den Liedermacher, den Songschreiber, den Manager von Künstlern, der er ganz nebenbei auch ist bzw. war. „Wir Linken haben es schwer mit der Presse“, sagt er schließlich zwischendurch. Da helfe es, hin und wieder ein Skandälchen selbst zu produzieren, um in die Medien zu kommen und seine Inhalte platzieren zu können. Einige seien erzeugt, um ihn aus dem Spiel zu nehmen. So habe er vor dem Haus Joschka Fischers eine Prostituierte erschossen, auch sei er im Auftrag der Stasi Schuld am Celler Loch gewesen. Einige Skandale, wie der vermeintliche Nuttenmord, seien von der Bild-Zeitung kampagnenartig durch die Presse gelaufen, sehr auch zum Schaden für die eigene Familie.

Wie gehen sie damit um, wird er gefragt. „Das greift dich körperlich und seelisch an“, antwortet er. In den ersten Tagen habe er sich von jeglichen Nachrichten ferngehalten, bis er wieder selbst das Zepter habe in die Hand nehmen können. Und heute? Es sei schon merkwürdig, wenn Theater Verträge mit ihm für die Aufführung eines von ihm geschriebenen Musicals unter Druck nicht einhalten würden, sagt er. Andere, wie die Bezeichnung des Außenministers Heiko Maas als Nato-Strichmännchen im vergangenen Jahr, seien bewusste Provokationen seinerseits gewesen. Und sein Weltbild? Man könne als Marxist auch für den bürgerlichen Rechtsstaat sein. Ohne den gehe es nicht. Eine Passage aus dem Buch las er dann doch – aus dem Lied des Speichelleckers von Bertold Brecht. Beifall. Das Buch übrigens ist lesenswert und liefert neben den eloquent erzählten Texten vielerlei Quellen zu den mündlichen Verschwörungs- und Skandalberichten.

Stichworte zu diesem Beitrag: Lesung, Literatur, Wolfenbüttel, VitaVilla, Dehm

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