Weltfrauentag: Ein Meinungsstück über patriarchische Narrative – Mit Literaturtipps
Wie steht es um die Gleichberechtigung in einer Gesellschaft, die Frauen grundsätzlich erst einmal weniger zutraut als Männern? Die Frauen prinzipiell schlechter bezahlt? Weil die Frau ausfallen könnte, wenn sie denn Kinder bekommt. Oder – wenn sie bereits Kinder hat – einfach wegen eines kranken Kindes zu Hause bleibt oder in Teilzeit arbeiten will?
Stört Sie dieses Narrativ? Denken Sie vielleicht „aber das ist doch gar nicht so, habe ICH so noch nicht erlebt!“ Dann sind Sie höchstwahrscheinlich ein Mann oder ordnen sich den allzu bekannten patriarchalischen Strukturen so gut unter, dass sie nicht anecken. Auch 2023 müssen Frauen viel mehr leisten, um in eine ähnliche berufliche Position wie Männer zu kommen. Sie müssen mehr Überzeugungsarbeit leisten, mehr Qualifikationen vorweisen und werden dennoch schlechter bezahlt. Laut des Statistischen Bundesamtes haben Frauen im Jahr 2021 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 18 Prozent weniger verdient als Männer. Auch 2022 sei das Gehalt von Frauen mit 19,12 € um 4,08 € geringer als der Durchschnittslohn von Männern mit 23,20 €. Und dann wird auch noch gepöbelt, wenn Frauen nicht leise sind. Wenn sie ihre Rechte einfordern. Wenn sie gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordern und wenn sie erfolgreich sind.
Erfolgreich sind die hier aufgelisteten Frauen auch, aber nicht nur, durch ihre Bücher. Sie setzten sich mit Feminismus, Patriarchat, Unterdrückung und Frauenrechten auseinander und bilden nur eine kleine, aktuelle Auswahl von feministischer Literatur ab. Die Bücher kaufen Sie am besten in einer lokalen Buchhandlung Ihrer Wahl.
Alexandra Zykunov. Wir sind doch alle längst gleichberechtigt - 25 Bullshit-Sätze und wie wir sie endlich zerlegen können. Ullstein Verlag, 2022, 10,99 €.
„Vermisst du dein Kind nicht, wenn du arbeiten bist?“ und „Also ich könnte das nicht“, sind nur zwei der unzähligen Kommentare, die erfolgreiche Mütter sich anhören müssen, wenn sie ihrer Arbeit nachgehen und nicht jede, im patriarchalischen Sinne geschaffene Mütteraufgabe selbst erfüllen. Darüber hat die Journalistin und Autorin Alexandra Zykunov ihr Erstlingswerk geschrieben. Sie nimmt alle Bullshit-Sätze auseinander, die wir Frauen über Jahre und Jahrzehnte gelernt und verinnerlicht haben. Ein Beispiel: „Oma hat das auch allein geschafft.“ – aber um welchen Preis eigentlich? Kommt Oma auch heute gut allein über die Runden, weil sie dank übermäßiger Care- und zu wenig Erwerbsarbeit vielleicht nie selbst in die Rentenkasse eingezahlt hat oder wird sie zum Sozialfall?
Patricia Cammarata. Raus aus der Mental Load Falle – Wie gerechte Arbeitsteilung in der Familie gelingt. Beltz-Verlag 2020, 17,95 €.
Man muss nicht gleich alle Aufgaben im Haushalt allein übernehmen, um Frauen einen Teil der geschulterten Last abzunehmen. Aber wer als der weniger kümmernde Elternteil dieses Buch gelesen hat, versteht, was die Haupt-Care-Person, in den meisten Fällen die Frau, noch alles schultert: Geburtstage und entsprechende Geschenke und eventuelle Organisation ist nur ein Punkt, der zwar nebensächlich erscheinen mag, aber in der Fülle der stetigen Aufgaben und Energie und Ressourcen kostet.
Lisa Jaspers (Hrsg.), Naomi Ryland (Hrsg.), Silvie Horch (Hrsg.). Unlearn Patriarchy – Feminstische Impulse für Wege aus dem Patriarchat, erschienen im Ullstein-Verlag 2022, 22,99 €
Klassische Rollenbilder, männliche Gebaren im Job um erfolgreich zu sein, Sprache, die nicht gendergerecht ist. Unser Alltag ist so geprägt von patriarchalischen Strukturen, dass wir oft gar nicht merken, wie antifeministisch wir agieren, obwohl wir es besser machen wollen. Die vielen diversen Autorinnen zeigen ihre unterschiedlichen Erfahrungen und wie sie aus den klassischen Rollenbildern auftauchen. Sie bieten Impulse, um Herangehensweisen zu hinterfragen und zeigen sich mit diesem Buch als Verbündete aller Frauen.
Caroline Criado Perez. Unsichtbare Frauen – Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert. btb Verlag 2020, 16 €
Warum sitzt der Sicherheitsgurt im Auto bei Frauen eigentlich oft schlecht und warum tragen Frauen bei Unfällen oft schwerere Verletzungen davon als Männer? „Unsere Welt ist von Männern für Männer gemacht“ heißt es im Klappentext des Buches „Unsichtbare Frauen“. Auch Medikamente werden seltener an Frauen erprobt und sind laut der Autorin vorwiegend für Männer gemacht. Die Autorin Caroline Criado Perez wurde für dieses Buch mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.
Margarete Stokowski. Die letzten Tage des Patriarchats. Rowohlt Verlag 2019, 12 Euro
Magarete Stokowski schreibt unterhaltsam und pointiert über Themen rund um Feminismus, Sexismus, Macht und dem Streben nach mehr Gleichberechtigung. Das macht sie regelmäßig seit über zehn Jahren für Spiegel-Online in einer wöchentlichen Kolumne. In ihrem Werk hat sie die besten Stücke zum Thema Patriarchat zusammengefasst.
Rebecca Solnit. Wenn Männer mir die Welt erklären. btb Verlag 2017, 11 €
Männer, die Frauen unterbrechen, um das vorher, von einer Frau, gesagte zu wiederholen und dafür den Applaus einzuheimsen. Mansplaining nennt man das Phänomen, bei dem Frauen nicht mehr zu Wort kommen. Rebecca Solnit hat noch viel mehr Beispiele zu bieten, die Aktivistin schreibt seit mehr als 20 Jahren über Themen zwischen Männern und Frauen. Auch wenn Teile komisch anmuten, das, was in dem Buch beschrieben wird, ist die Realität von Frauen und wie wir sie tagtäglich erleben.
Mareice Kaiser. Das Unwohlsein der modernen Mutter. Rowohlt Verlag 2021, 15,70 €
Die perfekte Mutter, die glorifizierte und in der Werbung immer gut gelaunte und für alles und jeden erreichbare Mutter, die gibt es nicht. Punkt. „Das Mutterideal ist unerreichbar und voller Widersprüche“ heißt es über das Werk von Mareice Kaiser. Und trotzdem sollen Frauen diesem Ideal entsprechen. Natürlich müssen Frauen daran scheitern. Und trotzdem bleibt das Bild: Moderne Mütter sollen alles mit Leichtigkeit schaffen. Mareice Kaiser hat aufgeschrieben, was das mit Frauen macht.
Kristina Lunz. Die Zukunft der Außenpolitik ist feministisch. Econ Verlag 2022, 22,99 €
Mit Annalena Baerbock regiert die erste Frau im Auswärtigen Amt. Und was musste und muss sie sich nicht alles anhören. Feminsmus hätte in der Politik nichts zu suchen. Politik wird noch immer dominiert von den „alten, weißen Männern“. Da ist laut Aussagen einiger Politologen und einigen, die es gern wären, kein Platz für Stöckelschuhe und Feminismus. Für alle, die mehr Inhalte konsumieren wollen und neue politische Ansätze, nicht nur in der Außenpolitik suchen, empfiehlt sich das Buch von Kristina Lunz.
Teresa Büker. Alle Zeit – eine Frage von Macht und Freiheit. Ullstein Verlag 2022, 21,99 €
Zeit ist nicht mehr nur Geld. Wer Zeit hat, gewinnt Lebensqualität. Wer Geld hat, kauft sich Zeit. Ist das gerecht? In Zeiten, in denen deutsche Unternehmen über die Vier-Tage-Woche lamentieren und Menschen aufgrund des Fachkräftemangels weniger Zeit in Form von Betreuung erkaufen können, eröffnet die Journalistin und Autorin Teresa Bücker eine neue Diskussion über Lebensqualität und -standards und macht konkrete Vorschläge für eine neue Zeitkultur.
Fränzi Kühne. Was Männer nie gefragt werden – Ich frage trotzdem mal. Fischer Taschenbuch 2021, 14 €
Fränzi Kühne war einst die jüngste Aufsichtsrätin Deutschlands in einem börsennotierten Unternehmen. Die IT- und Marketingexpertin stellt in ihrem Buch Männern die Fragen, die sie in ihrem Berufsleben ebenfalls gestellt bekommen hat und spiegelt Männern so, wie sie als Frau behandelt wurde. Zu den Befragten gehören unter anderem der ehemalige Außenminister Heiko Maas, der Koch Christian Rach und der Musiker Axel Bosse.
Mareike Fallwickl. Die Wut, die bleibt. Rowohlt Verlag 2022, 22 €
Der einzige Roman der Vorstellungsrunde. Helene, eine Mutter von drei Kindern, steht beim Abendessen auf und stürzt sich vom Balkon. Die Mutter dreier Kinder, der Kitt, der alles zusammengehalten und alles organisiert hat, ist plötzlich weg und die Familie restlos überfordert. Helenes beste Freundin zieht als Unterstützung zur Familie. „Ein Buch über die Last, die auf den Frauen abgeladen wird“, heißt es im Gespräch mit der Autorin bei einer Buchvorstellung.
Tijen Onara. Nur wer sichtbar ist, findet auch statt. Goldmann Verlag 2020, 12 €
Wer genug hat vom unsichtbar sein und unsichtbar gemacht werden, der kann sich Hilfe bei der Unternehmerin und Investorin Tijen Onaran holen. Sie berichtet über ihre eigenen Erfahrungen zwischen Politiker*innen und Unternehmertum in der IT-Branche und beschreibt, wie wichtig Sichtbarkeit und Netzwerken für Frauen sind.
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