20er-Jahre Revue: Schmissiger Jazz, grenzenlose Melancholie und eine Menge Erotik
Man nehme: Einen Hauch Erotik, schräg-freche Songs, schmissigen Jazz und überbordende Feierlust neben grenzenloser Melancholie. Fertig ist die 20er Jahre Revue, fertig ist der „Glanz auf dem Vulkan“.
Madame Glanz schmettert Claire-Waldoff-Klassiker
Ein internationales Künstlerensemble rund um die stimmgewaltige Sängerin Evi Niessner entführte das Publikum im Lessingtheater in die vermeintlich rauschenden 20er Jahre. Die opernausgebildete „Madame Glanz“ (Evi Niessner) schmetterte 20er-Jahre-Klassiker schräg wie dereinst Claire Waldoff, mitunter hart am gespielten Wahnsinn, den „die grüne Fee“ (Absinth) gebracht. Die Auswahl der Stücke war gut, neben einem bunten Querschnitt originaler Songs, die sehr am Original orientiert interpretiert wurden, gab es zwei Eigenkomposition. Wunderbar schräg auch der androgyn auftretende Mr. Leu am Klavier, der später auch sein Gesangstalent unter Beweis stellen konnte und das Publikum den spätestens seit den Blues-Brothers-Filmen hierzulande bekannten Cab-Calloway-Klassiker „Minnie the Moocher“ zum lautstarken Mitsingen animierte. Die entfesselte Lebenslust der sogenannten goldenen 20er Jahre fand sich in der Auswahl der Musik ebenso wieder, wie das frustrierte Leben der Abgehängten, eben der anderen Seite von Glamour und Glanz. Glanz auf dem Vulkan, das ist auch ein Spiegelbild des mit Rotlichtetablissements, Varietés, Cabarets und Revuepalästen kulturell explodierenden Berlins jener Zeit. Dazu die Kostümauswahl. Die Ausstattung war hervorragend auf die gespielte Zeit zugeschnitten. Die Lichtregie zauberte immer wieder Art-Deco-Elemente in den nicht vollständig abgedunkelten Zuschauerraum.
Ensemble aus Kultserie Babylon Berlin tanzt in der Revue
Großen Zwischenbeifall gab es für den Berliner Artisten „Trigris“. Sein Hula-Hoop-Act im Matrosenlook und vor allem seine Kontorsion als „Schlangenmensch“, bei der er seine Extremitäten in Raunen verursachende und nicht für möglich gehaltene Bewegungen bringen konnte, sorgte für Begeisterung. Sexy und elegant schließlich die Damen des Ensembles. Sie hatten bereits in der TV-Kultserie Babylon Berlin von sich reden machen. Elegant, frivol, manchmal ein wenig frech und immer mit Schuss Burlesque tanzte sich das Ensemble durch den Abend. Mit Charleston, Tango, Jazz und Modern Dance spielten sie Frauen, die die überkommenden Rollen des 19. Jahrhunderts überwunden, sich emanzipiert hat und ihren eigenen Weg sucht und geht. Das war ganz wunderbar getanzt. Nach der explosiven Show „Let‘s Burlesque“ ist Evi Niessner und Ihren Partnern erneut ein zauberhafter Wurf gelungen, dem bei aller Beschwingtheit der Show und bei aller Leichtigkeit der Darbietung auch die Grautöne jener Zeit nicht fehlen, die schließlich in die größte Katastrophe des Jahrtausends gipfelte. Dazu gab es zum Schluss denn auch nicht den einen oder anderen nachdenklichen Ton zu hören: Lassen sie uns diese neuen 20er Jahre nicht so enden, wie die letzten, mahnte „Madame Glanz“. Großer Beifall. Ein in jeder Hinsicht gelungener Showabend.
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