Von Midlife-Crisis und Hitzewellen
Man spürte die Spielfreude, die Lust an der Pointe, die Verschmitztheit der frivolen Untertöne. Zu Gast im Theatersaal des Schlosses Wolfenbüttel war das Ensemble des Theaters Bühnen-Reif mit der Bühnenfassung des Bestsellers von Dora Heldt: „Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt“.
Es geht um ein Thema, an dem sich Emotionen, wohl besser, Depressionen, entzünden: „Oh Gott! Doris wird 50 und verzweifelt fast an der Midlife-Crisis und den Hitzewellen“. So die Ankündigung im Programm. Was kann da schon schiefgehen. Eine mehrfach verfilmte Erfolgsautorin. Mit Florian Battermann von der Komödie am Altstadtmarkt in Braunschweig ein gewiefter Bearbeiter der Vorlage. Ein Thema aus dem Leben. Und ein zum Amüsement entschlossenes Publikum. Das geizte nicht mit Lachern und Applaus, als die tragikomischen Erlebnisse dreier reifer Damen zwischen Champagner und Massagen erst lebendige, dann eher holzschnittartige Konturen gewannen. Hier der Inhalt. Mutter und Mann planen für die Jubilarin Doris eine Überraschungsparty. Die aber flüchtet für ein Wellnesswochenende an die Ostsee. Dazu lädt sie kurzerhand ihre zwei besten Freundinnen ein. Alle hatten in der Schulzeit große Zukunftserwartungen. Aber das Leben läuft nicht immer nach Plan.
Diese Erkenntnis verdrängen die Drei mit Erfolg. Und so bringt der Wellnessurlaub unangenehme Wahrheiten zutage. Seitensprünge aus Langeweile oder aus Karrieregründen. Berufliche Hochstapeleien und das Arsenal familiärer Nickeligkeiten. Dafür steht der überstrapazierte Running-Gag des Verhältnisses von Doris zu ihrer Mutter. Die Lebensbeichten vollziehen sich erst zögernd und stockend und enden als Seelenbefreiung. Die Protagonistinnen bringen Lebendigkeit in die Dialoge, mimisch und gestisch bleiben keine Wünsche offen und die Lust am Theater vermittelt sich dem Publikum.
Doch hier beginnt das große Aber. Ist es die zu dünne Romanvorlage Dora Heldts oder die ungeschickte Dramatisierung durch Florian Battermann? Sind es die vorhersehbaren Wendungen? Oder das ständige Pendeln zwischen Klamotte, Boulevard und Drama? Statt mit Tempo und straffen Handlungsbögen zu punkten, wird schwadroniert, was das Zeug hält. Die Statik des Bühnengeschehens rückt die Requisite in den Mittelpunkt. Ein Bett wird immer wieder bei geöffnetem Vorhang auf die Bühne getragen. Es dauert drei geschlagene Pirouetten, bis das Möbel seinen Platz gefunden hat. Und so fort mit Stuhl, Tisch und dergleichen. Die Nebenhandlungen kommen über peinliche Karikaturen nicht hinaus. Das vorhersehbare Ende zögert sich hinaus, bis endlich die Sollspielzeit erreicht ist. Schade! Das Stück und die gut aufgelegten Handlungsträgerinnen, Kirsten Schmidt als Doris, Christine Ramser als Anke und Anja Schmidt als Katja passen nicht zusammen. Kürzungen hätten die Aufführung gerettet. Das Publikum freute es trotzdem. Langer Applaus für engagierte und motivierte Schauspielerleistungen.
Ihnen hat unser Artikel gefallen und Sie möchten uns unterstützen? Prima! Hier entlang bitte!
Reden Sie mit!
Sie haben einen Vorschlag für eine schöne Kultur- oder Nachhaltigkeitsgeschichte? Dann nutzen Sie bitte unser Kontaktformular oder unseren sicheren Threema-Kanal. Herzlichen Dank!
Nutzungsbedingungen
Bericht