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Moka Efti-Orchestra zelebriert Bigband-Sound und erfindet sich neu

Veröffentlicht am | von Frank Schildener
Sängerin Severija beweist an diesem Abend mehr als einmal ihre stimmliche Vielseitigkeit. Fotos: Frank Schildener

Zu Asche, zu Staub. Dem Licht geraubt. Setzen diese Zeilen aus Babylon Berlin an, ist Gänsehaut garantiert. Das Moka Efti Orchestra präsentiert sein neues Album und entführt im Lessingtheater ein Stück weit in die Atmosphäre der Kultserie.

20230128 Moka Efti Orchestra 0042„Join the club“, hier mit Zigarette und swingendem Jazz gesungen von Severija.Wohl kaum ein anderer Song steht so für die seit 2017 laufende Serie Babylon Berlin wie das auf vielen Ebenen faszinierende „Zu Asche, zu Staub“. Die litauische Schauspielerin und Sängerin Severija Janušauskaitė zelebrierte ihn in der ersten Staffel als Geheimagentin Swetlana Sorokina mit tiefer Stimme und androgyner Sexualität. Auch ohne die explodierend-exzessive Leidenschaft und überbordende Feierwut im filmischen Partytempel Moka Efti fasziniert die dunkle, leicht angekratzte Stimme der Sängerin besonders bei diesem Signatur-Song der Serie, wird vom Publikum mit großem Beifall gefeiert. Ihr Look ist hier modern angelegt, ohne 20er Jahre Attitüde. Mal in Stiefeln, mal barfuß geerdet, performt sie ihre wenigen Stücke. Das passt gut zur neuen Musik der Band, die derzeit mit ihrem neuen Album „Telegramm“ tourt. Immerhin wurde sie seinerzeit quasi für die erste Staffel von Babylon Berlin gegründet und das erste Album „Erstausgabe“ enthält weitestgehend Musik, die auch in der Serie eine Rolle spielt.

Moka Efti Orchestra zelebriert Bigband-Sound

20230128 Moka Efti Orchestra 0107Die Bläsergruppe liefert echten Bigbandsound.Bereits die ersten beiden Stücke zeigen: Hier steht eine echte Bigband auf der Bühne. Eine druckvolle Bläsergruppe gibt nach dem „Hollaender-Mashup“ zum Intro mit flotten Trompeten bei „Frenzy“ den Hotjazz-Rhythmus vor. Das Publikum geht das rasante Tempo mit und klatscht. Erster Jubel nach einem rasanten Schlagzeug-Finish. Enthält das erste Album nicht nur Stücke, die eigens für Babylon Berlin geschrieben wurden, emanzipiert sich „Telegramm“ davon. Was auf der Wolfenbütteler Theaterbühne mit „Rainbow“, gesungen von Bandgründer Nikko Weidemann, auf dem ersten Album begonnen wurde, setzt sich beim Telegramm-Song „Join the club“ mit swingendem Jazz und gesungen von Severija fort. Sie beweist hier erneut ihre große stimmliche Bandbreite, singt weicher und jazziger.

Musik setzt Bilder frei

Sebastian Borkowski, Mitstreiter Weidemanns nicht nur beim Schaffen der depressiven Hymne „Zu Asche, zu Staub“, moderiert den 90-minütigen Konzertabend. Wie sehr die Arbeit des Duos Bilder der filmischen Szenen in den Köpfen freisetzt, zeigt sich beim „Fatalist Tango“. „Das Stück haben wir für eine Schießerei geschrieben“, berichtet Borkowski. Echte Filmmusik eben. Auch hier: Großer Beifall.

Orchester befreit sich von Babylon Berlin

20230128 Moka Efti Orchestra 0103Bei den rasanten Zugaben hält es das Publikum nicht mehr auf den Sitzen.Eigene Bearbeitungen beliebter 20/30er Jahre Themen finden sich auf dem neuen Album. Weidemann selbst singt den „Surabaya Johnny“ aus der Dreigroschenoper sehnsuchtsvoll und mit dem passend schrägen Touch. Später singt er im kühnen Duett mit Severija. Das Stück scheint synonym für die neue Freiheit der Big Band nach Babylon Berlin. Die Kompositionen lösen sich vom Serienkorsett und zeigen, was Big Band noch leisten kann. „Turquoize“ heißt der sehr luftig und mit großer Sentimentalität arrangierte Song. Auf dem Album kommt der männliche Part in Gestalt des Berliner Unikums Friedrich Liechtenstein mit noch mehr Schmelz daher, als in der Live-Version im Theater. Dort hält es das Publikum zum Abschluss kaum mehr auf den Sitzen. Äußerst rasant geht der Konzertabend nach einigen in wahnwitzigem Tempo gespielten Zugaben zu Ende. Für beide Alben, sowohl für „Erstausgabe“ als auch „Telegramm“ sei hier eine klare Kaufempfehlung ausgesprochen.

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